K. k. Statthalterei-Präsidium für Mähren.
Brünn, am 12. Oktober 1914.
Zl. 10370/Praes.
Patriotische Abzeichen Regelung der Kompetenz für die Bewilligung zu deren Erzeugung und Verkauf.
An alle Herren Bezirkshauptmänner, die Bürgermeister in Brünn, Iglau, Olmütz und Znaim.
Die gegenwärtige Zeit der kriegerischen Verwicklungen biete den weitesten Kreisen der Bevölkerung Anlass zur Dokumentierung wahrhaft patriotischer Gesinnung, die sich insbesondere in dem Bestreben äussert, der Kaisertreue und Vaterlandsliebe durch das Tragen solcher patriotischer Abzeichen und Embleme äusserlich Ausdruck zu geben, die mit dem Bildnisse Seiner Majestät oder von Mitgliedern des Kaiserhauses geschmückt oder mit dem kaiserlichen Adler oder mit dem Reichswappen, beziehungsweise mit Landeswappen versehen sind.
Die sich stetig steigernde Nachfrage nach solchen Abzeichen, hatte zur Folge, dass verschiedene Zweige heimischer Industrie und heimischen Gewerbes an die Erzeugung und den Vertrieb derartiger Abzeichen und Embleme schritten und bei den Verwaltungsbehörden um die Bewilligung bittlich wurden, solche Erzeugnisse in der vorgeschilderten Art ausstatten zu dürfen.
Die Erwägung, dass es sich hiebei vielfach auch um die Schaffung einer Beschäftigung für einzelne Produktionszweige und damit um die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit handelt, hat das Ministerium des Innern bestimmt, mir mit dem Erlasse vom 3. Oktober 1914, Zl: 13019/M. I., für die Dauer der kriegerischen Verwicklungen die Kompetenz zur Erledigung von Ansuchen um die Bewilligung zur Erzeugung und zum Vertriebe solcher Abzeichen und Embleme im eigenen Wirkungskreise gegen Beobachtung nachstehender Direktiven zu übertragen:
1) für die Beurteilung der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine solche Bewilligung zu erteilen ist, haben die mit dem h. o. Erlasse vom 1. Juni 1898, Zl: 21415 erteilten Weisungen zu gelten. Es wird sohin in jedem Falle festzustellen sein, ob die äussere Ausstattung des fraglichen Erzeugnisses als eine dem Gegenstande entsprechende und würdige bezeichnet werden kann.
2) Die Prüfung dieses Umstandes obliegt den politischen Behörden erster Instanz, bei denen die betreffenden Gesuche und zwar unter Anschluss von drei Musterstücken, einzubringen sind. Diese Behörden haben derartige Ansuchen unter Anschluss zweier Musterstücke antragstellend der Landesstelle in Vorlage zu bringen, die von jeder erteilten Bewilligung dem Ministerium des Innern unter Anschluss eines Musterstückes zu berichten haben wird.
3) Die beim Ministerium des Innern einlangenden, behördlich bewilligten Musterstücke werden vom Kriegshilfsbureau des Ministerium des Innern in Evidenz genommen werden; es wird daher den Landesstellen, sowie auch den politischen Bezirksbehörden jederzeit die Möglichkeit gegeben sein, durch eine Nachfrage bei diesem Bureau im kurzen Wege sicherzustellen, ob, beziehungsweise wann ein in den Vertrieb gesetztes Abzeichen der behördlichen Genehmigung teilhaftig geworden ist. Eine solche Anfrage wird zu Kontrollzwecken insbesondere dann geboten sein, wenn in einem Verwaltungsgebiete Erzeugnisse in Verkauf gebracht werden, die dortselbst nicht genehmigt, in ihrer Ausstattung u. dgl. begründete Zweifel darüber aufkommen lassen, ob die behördliche Bewilligung zu deren Erzeugung und Vertrieb tatsächlich erteilt worden ist.
4) In jeder willfahrenden Entscheidung der Landesstellen, die eine genaue Beschriebung des Abzeichens beziehungsweise Emblemes zu enthalten haben wird, wird ferner zur Vermeidung von Missverständnissen ausdrücklich zu bemerken sein, dass hiemit nur die faktische Herstellung und der Verkauf dieser Abzeichen gestattet werden, diese Bewilligung jedoch die Erwirkung eines Alleinrechtes im Wege der Markenregistrierung unberührt lasse und bei gewerbmässiger Ausübung von dem Erfordernisse formeller Gewerbeberechtigung nicht entbinde.
5) Im Falle eines Ansuchens um Erteilung der Bewilligung, den Reichsadler an derartigen Abzeichen anbringen zu dürfen, wird vor Erteilung einer solchen Befugnis überdies zu untersuchen sein, ob diese Abzeichen nicht etwa in der Art ihrer Ausführung mit den Dienstesabzeichen für einzelne Kategorien des öffentlichen Wachpersonales verwechselt werden und sohin etwa zu einem Missbrauche Anlass geben könnten. Sollte die Führung eines Landeswappens in Aussicht genommen sein, so ist vorher die Zustimmung der zuständigen Landesverwaltungsstelle nachzuweisen.
6) Die Anbringung des Zeichens des Roten Kreuzes auf derartigen Abzeichen und Emblemen ist im Hinblicke auf die Bestimmungen des Gesetzes vom 23. August 1912, R. G. Bl. Nr. 184, betreffend den Schutz des Zeichens und des Namens des Roten Kreuzes grundsätzlich untersagt.
Bei Prüfung der Frage der Zulässigkeit des Vertriebes solcher etwa bereits erzeugter Abzeichen und Embleme beziehungsweise bei Erteilung der erforderlichen nachträglichen Bewilligung zur Erzeugung und zum Vertriebe solcher Abzeichen und Embleme wird auf die in Betracht kommenden wirtschaftlichen Interessen jedenfalls nach Tunlichkeit Bedacht zu nehmen sein.
Der k. k. Statthalter:
Citace zdroje dokumentu: MZA v Brně, B 13 Moravské místodržitelství – presidium, litografie, kr.