Pražák, Alois, Kameníček, František: Paměti a listář Dra Aloise Pražáka. Praha: Česká akademie věd a umění, 1926, s. 11-13:
"In Brünn fand ich auch schon große, politische Aufregung. Die Stadt Brünn wurde im Jahre 1848 mit Recht scherzweise rücksichtlich der Manifestation der öffentlichen Meinung eine Vorstadt von Wien genannt.
Alle dort auf die Oberfläche kommenden Strömungen reflektierten in Brünn.
Als die Märzbewegung ausbrach, gab es in Brünn noch keine nationalböhmische Partei. Die böhmische Intelligenz beschränkte sich auf wenige Personen, darunter die hervorragendsten genannt werden können: [Vorerst war es Alois Adalbert] Šembera, der seit kurzem wieder in Brünn domicilierte, da die ständische Akademie von Olmütz nach Brünn verlegt wurde, dann Professor Kläcel, der Literat der Moravia Ohéral.*)
In dem Maße als die deutschnationale Gesinnung sich in Wien geltend machte, geschah dies auch in Brünn, jedoch wesentlich abgeschwächt, da in der ersten Zeit der deutschliberalen Partei kein Pressorgan zur Verfügung stand, und die Wiener radikalen Blätter doch nicht in die breiten Bevölkerungsschichten dringen konnten.
Die Moravia war bis 1848 kein politisches Blatt, seit den Märztagen nahm sie auch politische Artikel auf, und ich selbst habe im März oder April 1848 einen Artikel über die Bedeutung des Konstitutionalismus, ich glaube auch mit meinem Namen gezeichnet, in dieselbe geschrieben.
*) Hl. spolupracovník a redaktor něm. časop. Moravie.
Sie wurde damals, wenn nicht schon von Ohéral redigiert, doch von ihm inspiriert, [und] war national vollständig indifferent.
Eine den Böhmen unfreundliche Gesinnung machte sich in Brünn zunächst anläßlich der Verhandlung im Landtage über die Petition wegen Vereinigung der drei böhmischen Kronländer in einen Landtag, der abwechselnd in Prag, Brünn und Troppau tagen sollte, kund.
Die Stadt war damals mit Fahnen in städtischen (weißrothen) und mährischen Farben geschmückt, und ich weiß nicht, ob damals schon zuerst die gelbrothblauen gegen die früher geltenden weißrothblauen als Landesfarben auftraten.
Noch in der mittelst des Hofkanzleidekretes vom 22. August 1836 den Landesstellen zugekommenen Beschreibung des großen Staatswappens Österreichs wird wörtlich angegeben: "Das obere linke Hauptfeld begreift die Wappen des Königreiches Böhmen und der dieser Krone einverleibten Länder." ----- „In dem Hauptfeld selbst erscheint oben zur Rechten ein von Silber und rother Farbe geschachter gekrönter Adler.“ (Markgrafschaft Mähren.)
Es ist mir nicht bekannt, warum dieses mährische Wappen und die Farben des Landes silber-roth-blau sich als Landesfarben von jeher erhalten haben, ungeachtet Kaiser Friedrich den mährischen Ständen das Recht verlieh, statt Silber Gold in das Wappen aufzunehmen. Wahrscheinlich haben die mährischen Stände im Wappen und in den Landesfarben keine Veränderung vorgenommen, nachdem roth und silber auch die königlich böhmischen Farben waren und die dem Mathias Corvinus, unter welchem, wie ich glaube, das oben angeführte Recht ver- liehen wurde,*) nachfolgenden Markgrafen von Mähren stets auch Könige von Böhmen waren.
Wann die Stände zu ihren Uniformen von rother Farbe, das Gold statt des Silbers annahmen, ist mir nicht bekannt.**) Der als Wappenschild bei den Landesämtern angebrachte mährische Adler wurde seit jeher bis 1848 nicht anders als im blauen Felde, Silber und rothgeschacht dargestellt.
*) Zde se Pražák mýlí. Privilegium Bedřichovo bylo dáno Moravě r. 1462 za Jiřího Poděbradského.
**) Zdá se, že se to stalo právě r. 1848 nebo nedlouho před tím, rozhodně po roce 1836.
So erschien er auch auf den ständischen Fahnen, welche den von den Ständen in früherer Zeit ausgerüsteten Regimentern und der in den französischen Kriegen ausgerüsteten Landwehr vorausgetragen wurden.
Als nach den Märztagen ein förmliches Nationalgardefieber entstand und in den meisten Städten Nationalgarden errichtet wurden, wurden den Nationalgarden der königlichen Städte von den Ständen, es ist mir nicht mehr bekannt, ob über Bitten der Städte oder über Initiative der Stände, jene Fahnen übergeben, welche in den Kriegen mit Frankreich den betreffenden Landwehr-Regimentern und Bataillonen vorangetragen wurden.
Die Übergabe einer solchen Fahne an die Nationalgarde der königl. Stadt Hradisch geschah, ich glaube im Monate April, durch eine Deputation der Stände, bestehend aus dem Grafen Emanuel Dubsky, dem späteren Landeshauptmann, dem Peter Ritter von Chlumecky und mir.
Ich war damals der Fahnenträger, und die Übergabe geschah am großen Platze vor der Pfarrkirche an den Commandanten der Nationalgarde und die Vertreter der Stadtgemeinde. Ich glaube mich zu erinnern, dass damals noch auf der Fahne der silber und roth geschachte mährische Adler im blauen Felde unangefochten zu sehen war.
Bald nach der Märzbewegung und sicher schon im Jahre 1849*) fand gegen die silber-roth-blaue Farbe des mährischen Landeswappens eine Reaktion statt. Offenbar entstand diese Reaktion deshalb, weil im Jahre 1848 die Farben rothweißblau als slavische Farben im Gegensätze der deutschen schwarzroth- goldenen angesehen wurden.
Besonders hat der nach Vertagung des mährischen Landtages von 1848 gebildete Landesausschuß, der deutschgesinnt war, die Silber oder weiße Farbe überall, wo der mährische Adler als Landeswappen angebracht war, entfernen und durch die gelbe Farbe ersetzen lassen.**)
Einer der Mitglieder dieses Landesausschusses Freiherr von Wogkowsky hat mir selbst mitgetheilt, der Landesausschuß habe auch mit Berufung auf das obige von Kaiser Friedrich den mährischen Ständen ertheilte Recht der Verwechslung von Silber in Gold am Landeswappen sich nach Wien gewendet,
*) Již r. 1848.
**) Dle usnesení stav. sněmu roku 1848.
um auf die irrige Beschreibung des mährischen Adlers in dem großen Staatswappen aufmerksam zu machen und habe um entsprechende Verfügung gebeten, habe aber die Erledigung erhalten, dass auf die Wünsche des Landesausschusses erst könne eingegangen werden, bis wieder eine amtliche Beschreibung des großen Staatswappens veranlasst werden wird.
Nach dieser Abschweifung über das mährische Landeswappen fahre ich in den Erlebnissen fort.(...)"