Moravia ein Blatt zur Unterhaltung, zur Kunde des Vaterlandes, des gesellschaftlichen und industriellen Fortschrittes, 1848

Moravia ein Blatt zur Unterhaltung, zur Kunde des Vaterlandes, des gesellschaftlichen und industriellen Fortschrittes. Noviny Moravia byly vydávány v letech 1838-1848.

Moravia, Brünn, 23. března 1848, č. 36, s. 143:


Brünner Portefeuille.

* Seit einiger Zeit beginnen die Nationalgardisten neben oder unter den weißen Cocarben am Hute auch noch bie Buchstaben N. G. nach dem Beispiele Wiens, zu tragen. Andere tragen die Buchstaben N. G. in einem Strahlenkränze, und über selben den österreichischen Doppeladler; das ganze Emblem ist aus dünnem, weiß lackirtem Holze geschnitten, und von der Erfindung des Hrn. Einsler.

* Die weißen Cocarden und Schleifen beginnen hie und da mit rothen Rändern getragen zu werden, dieß sind die mährischen und böhmischen Landesfarben. In Steiermark trägt man sie, wie wir hören, weiß und grün; in Ungarn roth und grün. Wenn es so fort geht, wird wohl jede Stadt, ihre eigene Cocarde tragen. Wo bleibt dann das Symbol des einigen Oesterreich, weiß, die Farbe aller Farben?

* Ein ehrlicher Landmann kam unlängst in die Stadt und sah mit Verwunderung die weiße Cocorde aus jeder Kopfbedeckung, die weiße Schleife bei Jedem im Knopfloche. Staunend fragte er nach der Bedeutung des ihm unbekannten Abzeichens. Man erklärte ihm die Sache. "Wenn dem so ist," meinte er, in eine Bandhandlung tretend, "so verkaufet mir auch etwas von dieser Constitution!"

Moravia, Brünn, 13. dubna 1848, č. 45, s. 179:

Brünner Portefeuille.

(...)

* Die schwarz-gold-rothe Cocarde beginnt man hier immer häufiger zu tragen. Solche Fahnen wehen bereits von mehren Privatgebäuden. Sie ist vorläufig nicht so sehr als Ausdruck des Anschlußes zu Deutschland anzusehen, da wir sie selbst bei slawischen Mährern sehen, vielmehr bedeutet sie häufig das Abzeichen der mährischen Repealer (Gegner der mährisch-böhmischen Union). Uebrigens ist die schwarz-gold-rothe Cocarde auch für den Mährer sehr wichtig. Schwarz und gold sind die Farben des Kaiserthumes Oesterreich, dem jeder gesinnungsvolle Mährer, der es mit seinem Vaterlande wahrhaft aufrichtig meint, stets treu bleiben muß, und wird; gold und roth sind aber auch die Farben Mährens, denn sein Wapenschild ist ein gold und roth geschachter Adler im himmelblauen Felde, und die mährische Tricolore wäre also Gold, Roth, Blau. Weiß und roth sind die Farben Böhmens, das im Wapenschilde einen weißen Löwen im rothen Felde führt. Schwarz, Gold, Roth, ist sonach nicht bloß die deutsche, sondern auch die österreichisch-mährische Cocarde, und kein Mährer, der sich für den innigen unmittelbaren Anschluß Mährens an das Kaiserreich ausspricht, darf, selbst wenn er nicht für Deutschland wäre, Bedenken tragen, Schwarz, Gold, Roth anzunehmen. Blau als Farbe des mährischen Banners würde die vierte Farbe bilden, wenn vierfärbige Cocarden üblich wären. F — f.

Moravia, Brünn, 11. července 1848, č. 83, s. 328:


Brünner Portefeuille.

(...)

* Am 9. Juli bezog die Nationalgarde zum ersten Male die neue Hauptwache im Kaunitz'schen Hause. Wahrlich das ist eine Hauptwache, die muß man loben! Eine auständig decorirte Reihe von Zimmern, theils für die Wachmannschaft zur Rast mit feinen schwellenden Lotterbettlein, theils zu den Sitzungen des Verwaltungsrathes, theils für die Dienstgeschäfte der Nationalgarde vorgerichtet, begrüßen freundlich den Eintretenden, während von Außen ein Schranken zum Anlehnen der Gewehre sammt Schilderhaus in mährischen Farben, gelb und roth, die Bestimmung der Localität anzeigt. — Wenn es nur schon auch mit dem Uniformiren der Garden vorwärts ginge, es gibt noch gar Viele, die der vollkommenen Ausrüstung entbehren.


Moravia, Brünn, 3. srpna 1848. č. 93. s. 368.

Journal - Revue.

Telegraph. In den ersten Tagen des verflossenen Monats Juni war eine zahlreiche Deputation von Wiener Garden hier um den Brünnern für die Sympathien, die sie bei jeder Gelegenheit für die Residenz an den Tag legten, zu danken, und ihnen bei dieser Gelegenheit eine Fahne zum Andenken zu übergeben. Als Erwiederung hierauf ging am 30. Juli von hier eine Deputation von mehreren Hundert Nationalgarden, Bürgern und Studenten mit einem Extra-Train nach Wien, um den Wiener Brüdern gleichfalls eine Fahne zu überbringen. — Diese Fahne, die bereits durch einige Tage zur öffentlichen Besichtigung auf der Hauptwache der Nationalgarde hier ausgestellt war, und die, nebenbei gesagt, ein Meisterwerk der Goldstickereien genannt werden kann, ist von weißem Gros de Naples, am Rande herum mit goldgestickten Blättern verziert und reich mit Goldfransen umgeben. Auf der einen Seite sind mit Gold die Worte: "Anerkennung für den 13. 14. März, den 15. und 26. Mai 1848" gestickt, umgeben von einem goldenen Lorbeerkranze. Auf der andern Seite das mährische Wappen mit dem Namenszuge F. III., in Bezug auf die von diesem Kaiser uns Mährern verliehenen wichtigen Privilegien. Die Fahne ist mit zwei kostbaren Bändern geschmückt, welche auf einer Seite die österreichen Farben „weiß und roth," auf der andern die mährischen Farben, „roth und gelb" zur Schau tragen. Die mit Gold gestickten Devisen dieser Bänder sind folgende : Am ersten Bande auf der mährischen Seite: „Freiheit, Gleichheit, Recht, Einigkeit," auf der österreichischen Seite: „In der Einigkeit ruht die Kraft und Stärke." Am zweiten Bande auf der mährischen Seite: „Den Wahrern der Freiheit, die dankbare Nationalgarde Brünns." Auf der österreichischen Seite: „Freiheit ist das heilige Gesetz der Menschheit." Das reichverzierte vergoldete Kränzlein ist mit zwei gold-rothen Quasten behängen, die Fahnenstange mit den mährischen Landesfarben, gelb und roth bemalt. Die ganze Fahne ist wirklich sehr schön, nur hat sie meiner Ansicht nach, ihrem Zwecke zu Folge, nämlich als ein Geschenk der Brünner für die Wiener, den Fehler, daß sie nicht hier, sondern in der Residenz verfertigt wurde. Beim Sticken der Fahne in Wien hat sich auch ein sonderbarer Fehler eingeschlichen, welcher natürlich verbessert werden mußte. Der Sticker machte nämlich am zweiten Fahnenbande, auf der mährischen Seite ein e statt eines a und so hieß es statt „den Wahrern der Freiheit" — „den Wehrern der Freiheit." Wäre nicht übel diese Vokalveränderung, nur müßte dann die Fahne statt an unsere treuen tapferen Wiener Brüder, an die Schwarz-gelben nach Innsbruck oder Ischl gesendet werden. M. Illisch.

Moravia, Brünn, 7. září 1848. č. 108. s. 400.


Berichte aus der Heimat.

Auspitz. Am 20. August d. J. konnte man in dem hiesigen Städtchen eine ganz besondere Bewegung wahrnehmen. Von Fern und Nahe hatte sich eine außerordentliche Volksmasse herangedrängt; denn es war bekannt geworden, daß an diesem Tage eine Wiener Deputation der Nationalgarde eine Fahne überbringen werde.

In der That langten zu diesem Zwecke 37 Vertreter der sämmtlichen Gardebranchen mit dem vormittägigen Personenzuge auf der Saitzer Station an, welche sofort auf bereit gehaltenen Wägen nach Auspitz fuhren.

Die Garde des Städtchens war in Parade auf dem Platze, nebenan die Musikbande aufgestellt. Der Deputation ging bloß ein Zug von 36 weiß gekleideten Mädchen, mit den mährischen Farben geschmückt, unter Anführung zweier Garden und dem Vortritte einer zweiten wohlgeübten Musikbande, ferner einige anwesende Brünner Garden auf angemessene Entfernung entgegen.

Die abgestiegenen Deputirten bewegten sich nun im wohlgeformten Zuge, von einer imposanten Volksmenge begleitet, mit der entfalteten prächtigen Fahne der Stadt zu. Auf dem Platze angekommen, erfolgte nach einer kräftig gehaltenen Rede die feierliche Uebergabe des wirklich herrlichen Paniers, worauf die Deputation in der Stadtkirche einem solennen Gottesdienste beiwohnte, unter dem die gewöhnlichen Dechargen abgefeuert und mit Pöllerschüßen erwiedert wurden.

Nach beendigtem Hochamte defilirten sämmtliche Garden bis vor das Rathhaus, worauf die Volkshymne, sodann das Volkslied: ,,Was ist des Deulschen Vaterland" mit wahrer Begeisterung von der Menge abgesungen wurde. Die Fahne blieb sofort am Wachtposten der öffentlichen Schau ausgestellt.


Dieß Brutergeschenk, Tags zuvor in der Kirche zur hl. Ursula in Wien feierlichst geweihet, ist herrlicher Arbeit, von weißer Farbe, und zeigt auf einer Seite im Lorbeerkranze: „13. 14. 15. März 1848;" die Enden halbarabeske Stikerei und schwere Fransen, alles von schwerem Golde und mit wahrer Kunstfertigkeit von dem Convente der WW. EE. Frauen Ursulinerinnen unentgeltlich und auf das herrlichste gestickt. Die Fahnenstange ist roth mit Silber gehalten, auf gleiche Art eines der Fahnenbänder gestickt mit den Worten: „den Brüdern in Auspitz im Namen der Wiener;" das andere enthält Gold im Weiß die Worte: „Für Gott, Kaiser und Vaterland;" und: „Gestickt vom Convent bei St. Ursula." Die ganze Feier dieses, für Auspitz unvergeßlichen Tages, war durch das schönste Wetter begünstiget.

Jos. Christen,
Garde der 1. Compagnie in Auspitz.

Moravia, Brünn, 23. listopadu 1848, č. 141, s. 532:

Die Volkstribune

Proßnitz (Forts.) Nach dieser beiderseitig eingenommenen Position erschienen um 1/4 10 Uhr 24 festlich gekleidete Jungfrauen bei der Frau Fahnenmutker und begleiteten dieselbe nach geschehener Aufwartung und Bewillkommung, zu den für sie vor dem Altare errichteten Ehrenplatz und umstanden dieselbe gleichfalls als eine Ehrenwache. Der Anblick dieser festlich gekleideten Mädchen (sie hatten Schärpen und Kränzen in den Landesfarben) gewährte wahrhaftig einen schönen Anblick.

Hierauf machten vom Altare aus bis zu Hause des Herrn Bürgers Habel (allwo die Fahnenbestandtheile aufbewahrt waren) , eine Abtheilung der Nationalgarde eine doppelte Spalier, durch welche sich drei Herren Nat. G. Officiere als Deputation mit dem Hrn. Fahnenjunker in das benannte Haus begaben, um die Fahnentheile unter Mitbegleitung der mit Schärpen und Kränzen ebenfalls in Landesfarben festlich gekleideten Jungfrauen (Stickerinnen der Adlerseite) auf den Festplatz zu übertragen.

Nach geschehener Uebertragung und Deponirung der Fahnentheile aus den decorirten Tisch, erschien Se. Hochw. der Hr. Dechant und Stadtpfarrer Johann Hundsfeld mit dem hochw. Clerus auf dem Festplatze vor dem Altare und nahmen die für sie errichteten Ehrenplätze ein.

Nun bestieg der hochw. Hr. Garde-Kaplan P. Carl Sicha die im Quarre errichtete Kanzel und hielt auf freiem Platze eine die Festlichkeit betreffende kräftige Rede in böhmischer Sprache, in welcher er im 1. Theile von der österr. Freiheit auf der historischen Grundlage der Gesammtmonarchie mit Habsburg, und im 2. Theile auf der Grundlage der stäatsbürgerlichen und Nationalitäts-Gleichberechtigung sprach; nach welcher Beendigung um 1/2 12 Uhr ein solennes Hochamt abgehalten wurde, wobei Eiblers 5te Messe unter der Direction des Hrn. Jos. Fogt mit einer wirklich ausgezeichneten Präcision aufgeführt und die vorschriftmäßigen General-Dechargen und Pöllerschüsse abgefeuert wurden.

Nach geendigtem Hochamte um 3/4 1 Uhr wurde die heil. Handlung der Fahnenweihe vorgenommen, worauf die Nägeleinschlagung unter wahrhaft patriotischen Sprüchen begann.

Nach Beendigung der Nageleinschlagung wurde die neu geweihte Fahne durch Hrn. Dechant in kurzen aber sehr kräftigen Worten dem Hrn. Bataillons-Commandanten übergeben, welcher diese, nach gehaltener Gegenrede, in Begleitung der Frau Fahnenmutter, des pens. Hrn. Generalmajors Zagiczek v. Kehlfeld, mehrerer Herren Officiere von Wallmoden-Kurassier und des Erziehungshauses, des Magistrats und Commun-Repräsentanten, des Nationalgarde-Verwaltungsrathes, fremder und hiesiger Nationalgarde-Officiers und der Festjungfrauen vor das in Parade ausgestellte Garde-Bataillon trug und sie nach bedeutungsvoll gesprochenen Worten dem Hrn. Fahnenträger übergab, worauf ein Te Deum unter ausgezeichnet abgefeuerten General-Decharge und Pöllerschüßen abgehalten wurde.

Da es schon zu spät war (3/4 2 Uhr) so wurde die beiden in meiner „Erinnerung" an die Fahnenweihe abgedruckten Fahnenlieder nicht abgesungen.

Nach dem Te Deum defilirtcn zuerst das Nationalgarde-Bataillon unter klingendem Spiele mir der neugeweihten Fahne und nach diesem die obenbemerkte Bauern-Cavallerie vor der Honoration. (Schluß f.)