Josef Chytil, Notizen über das Mährische Landeswappen und die damit in Verbindung stehenden offiziellen Landesfarben dieses Markgrafthumes, 1853

Opis textu Chytilových poznámek srovnejte s tiskovým vydáním Notizen über das Mährische Landeswappen und die damit in Verbindung stehenden offiziellen Landesfarben dieses Markgrafthumes dosažitelným na internetu: Chytil Josef, Notizen über das Mährische Landeswappen und die damit in Verbindung stehenden offiziellen Landesfarben dieses Markgrafthumes, 1853, in: Schriften der historisch-statistischen Section schlesischen Gesellschaft des Ackerbaues vol. 5, 1853, s. 54-59.

Notizen über das Mährische Landeswappen und die damit in Verbindung stehenden offiziellen Landesfarben dieses Markgrafthumes.
Mitgetheilt von Landschaftskanzellisten Josef Chytil.
(Zur Beantwortung der vom Herrn k.k. Archivar..... Firnhaber an die historisch statistische Sektion dieβfalls gestellten ersuchsweisen Anfrage)

Das älteste mährische Landeswappen war so weit nämlich urkundliche Belege vorhanden sind zu Ende des XII. und in der ersten Hälfte des XIII. Jahrhundertes mit dem böhmischen gleich, d. i. ein doppelt geschwänzter Löve.

Dafür sprechen die markgräflichen Sigille bei den nachfolgenden im mährischen Diplomatare abgedruckten Urkunden:

1. Der böhmische König Přemysl Otakar I. ertheilet um das Jahr 1199 dem Raigerer Kloster die Mauthbefreiung in Böhmen und Mähren. Bei dieser Urkunde (deren Original im Olmützer fürsterzbischöflichen Archive zu Kremsier sich befindet) hat sich nämlich von den vier Sigillen das einzige des mährischen Markgrafen Wladislaw (Bruders des vorgenannten Königes) erhalten. Dasselbe stellet einen doppelt geschwänzten Löven vor. (Cod. diplom. Mor. T. I. p. 354, n. 377).

2. Ein gewisser Ritter Rüdiger (Rudgerus) schenket dem Brucker Kloster den Weinzehend bei Gnadlersdorf (1202-1213). Das bei dieser Urkunde befindliche Sigill des diese Schenkungbestättigenden mährischen Markgrafen Wladislaw Heinrich stellet den oben erwähnten doppeltgeschwänzten Löven vor. (Das Original im Brucker Klosterarchive bei der k.k. m. s. Gubernialregistratur. Abgedruckt im Cod. dipl. Mor. T. II. p. 65, n. 57.)

3. König Přemysl Otakar I. schenket zu Prag 1213 dem Chotěsower Kloster das Dorf Uherč. Bei dieser Urkunde (deren Original im k.k. Hofarchive zu Wien ist) befindet sich das Sigill des königl. Prinzen Diepolt (III, Sohn Diepolts II. Urenkels Wladislaws I. Verwalter der Pilsner Provinz mit einem halben Löven und Adler. Abgedruckt Cod. dipl. Mor. T. II. p. 66, n. 58.)

4.Die mährische Markgraf Heinrich Wladislaw bestättiget zu Proβnitz 1213 (pridie Kalend. Januarii) dem Johanniter-Orden alle Besitzungen in Mähren. Das Reitersigill dieser Urkunde (Orig. im Malteserordensarchive zu Prag) hat im Schilde einen doppeltgeschwänzten Löven. (Abgedruckt im Cod. dipl. Mor. T. II. p. 69, n. 61.)

5. König Přemysl Otakar I. schenket demWelehrader Kloster das Dorf Žaroschitz ddo Göding 1220. Das dabei befindliche Sigill des mährischen Markgrafen Wladislaw hat im Schilde den Löven und die Umschrift: "Heinricus Dei gracia Marchio Morauie. (Das Original imWelehrader Klosterarchive in der k. k. mähr schles. Gubernial-Registratur. Abgedruckt im Cod. diplom. Mor. T. II. p. 112, n. 104.)

6. Derselbe bestättiget im Jahre 1223 zu Brünn die vom Markgrafen Wladislaw der Stadt Mähr. Neustadt verliehenen Rechte und Besitzungen. Das Sigill mit dem doppelt geschwänzten Löven im Schilde hat die Umschrift: "Premizel dei gracia rex Bohemie et Morauie. (Das Original befindet sich im Archive derselben Stadt. Abgedruckt im Cod. diplom. Mor. T. II. p. 147, n. 145.)

Aus diesen angeführten Urkunden erhellet nun, daβ die Angabe Dobner´s in seiner Abhandlung über den Ursprung, die Veränderung und Verdoppelung des böhmischen Wappenschildes (Abhandlungen einer Privatgesellschaft von Ignaz Edlen von Born 1779) wo er p. 229 sagt, daβder böhmische Löve erst im Jahre 1249 zum Vorscheine kommt, eine wesentliche Berichtigung erleidet.

Obwohl dieser böhmische Löve in den späteren markgräflichen Sigillen sehr oft vorkommt, so ist doch schon im Jahre 1233 das erste Erscheinen eines Adlers aus der Urkunde des mährischen Markgrafen Přemysl, mit welcher er (ddo. Znoimae IV. Nonas Aprilis) dem Brucker Kloster das Patronatsrecht der Kirche in Brenditz (Primetic) bestättiget, ersichtlich, da auf dem daranhängenden Sigille ein Adler abgebildet ist. (Cod. d(i)plom. Mor. T. II. p. 250, n. 229.)

Diesemnach erscheint der Adler um ein Jahr früher, als es Monse in seinem historischen Versuche über das Landeswappen Markgrafthumes Mähren p. 46 und 47 angibt.

Überhaupt weiβ Monse von dem ältesten Wappen eines doppelt geschwänzten Löven nichts. Er fängt mit dem Adler an, wie er ihn auf einer reigerer Urkunde des Markgrafen Přemysl vom. J. 1234 gefunden, und in einer besondere Abbildung seinem Werke beigeschlossen hatte.

Später erscheint in den Sigillen desselben Markgrafen wieder der böhmische Löwe und zwar bei folgenden Urkunden.

1. Markgraf Přemysl spricht dem Nonnenkloster bei st. Peter zu Olmütz (ddo Brunae VI. Kal. Aprilis 1247.) das Dorf Slatina zu (Orig. im Olmützer Fürst-Erzbischöflichen Archive zu Kremsier. Abged(ruckt) im Cod. dipl. Mor. T. III. p. 68, n. 94.)

2. Derselbe schenket dem Reigerer Kloster die Einkünfte der Mauth zu Ung. Brod und Kunowitz auf 5 Jahre. ddo Brunae III. Nonas Aprilis 1247. (Orig. im Olm(ützer) Fürst-Erzbisch(öflichen) Archive zu Kremsier. - Abgedruckt daselbst T. III. p. 69, n. 95.)

3. Derselbe bestättiget der Olmützer Kirche den Ankauf des Dorfes Brumowice. ddo Brunae die b. Thomae 1250. (Orig. im Olm(ützer) Fürst-Erzbisch(öflichen) Archive zu Kremsier. - Abgedruckt daselbst T. III. p. 132, n. 156.)

4. Derselbe bestättiget dem Kloster Plaβ den Besitz des Dorfes Schela. ddo apud Pragam VII. Kal. Februarii 1251. (Orig. im k. k.Hofarchive. Abgedruckt im Cod. diplom. Mor. T. III. p. 135, n. 160.) - Sigillum "Premizl filii regis Boemorum marchionis Morauie" equestre consuetum appendet.

Wenn man die Beschreibung dieses letzteren Sigilles mit den vorerwähnten zusammenhält, so scheinet kein Zweifel obzuwalten, daβ dasselbe noch den böhmischen Löwen im Wappenschilde hatte.

Von nun an hat es Boček unterlassen, die Sigille zu beschreiben, daher es auch schwer ist, über das Landeswappen der nachfolgenden Jahre sichere Daten zu erhalten. Schwer ist es aber auch schon darum, weil seit dem J. 1253-1278 Přemysl Otakar II König von Böhmen und zugleich Markgraf von Mähren war, der bei allen Urkunden sein königliches Sigill angehängt hatte.

Eben so war es unter Wenzel II. (1283-1305.) und Wenzel III. (1305-1306). Ich habe daher einen Groβen Theil der in den Klosterarchiven bei der k.k. m. s. Gubernial Registratur vorhandenen königlichen Urkunden durchgesehen, um auf den dabei befindlichen Sigillen einen näheren dieβfälligen Anhaltspunkt zu finden, habe aber leider keines von Přemysl Otakar II. gefunden, aus dem man mit Sicherheit über den geschachten mährischen Adler etwas bestimmtes hätte abnehmen können, wie es Monse p. 49 u.s.w. seit dem J. 1278 angibt, obwohl sehr oft im Schilde ein Adler und im Banner der böhmische Löwe vorkommt.

Erst unter jenen des K. Wenzel II und zwar bei der Urkunde vom J.  1286 (dtto Brunae IV. Kal. Martii) mit welcher er der Elisabeth, Wittwe nach Kadold dem Waisen, das Dorf Tasowice für Mohelno gibt scheinet am Schilde der geschachte mährische Adler vorzukommen. (Orig. im Archive des Znaimer Skt. Klara Klosters beim m. s. Gubern. Abgedruckt im Cod. diplom. Mor. T. IV. p. 310, n. 237.)

Unbestritten und schön abgebildet fand ich den geschachten Adler in der Urkunde desselben Königs vom J. 1297 dto Pyen XI. Kal. Augusti) mit welcher er dem Kloster Tischnowitz das Patronat über die s. Peterskirche zu Brünn cediret. (Orig. in demselben Klosterarchive beim m. s. Gubern. Abgedr. im Cod. dipl. Mor. T. V. p. 71, n. 72.) dann in der Urkunde desselben Königs vom J. 1298 (dto Pragae VIII. Kal. Augusti) mit welcher er die Privilegien der Stadt Leutomischel bestättiget. (Orig. im Archive des Leutomischler Prämonstratenser-Klosters beim m. s. Gubern. Abgedruckt im Cod. diplomat. Mor. T. V. p. 100, n. 98.) und endlich in der Urkunde vom J. 1299 (dto Brunae Iduo Maji) mit welcher derselbe König für das Seelenheil seiner Schwester Agnes, Herzogin von Österreich, dem Znaimer s. Klara-Kloster das Dorf Wegrowice schenket. (Orig. im Archive desselben Klosters beim m. s. Gubern. Abgedruckt im Cod. diplom. Mor. T. V. p. 113, n. 110.)

Bei allen diesen drei angeführten Urkunden ist in dem groβen königlichen Reitersigille der geschachte mährische Adler in dem Schilde sehr schön und kennbar abgebildet, während wie gesagt in dem Banner der böhmische Löwe erscheinet.

In den Sigillen des Königs Johann von Luxenburg, des Markgrafen Karl, u.s.w. erscheinet geschachte mähr Adler fort und fort bis auf die neuesten Zeiten, ohne daβ über die Farben dieser Schachirung bis in die zweite Hälfte des XV. Jahrhundertes etwas Urkundliches vorhanden wäre. Diese werden erst in dem Privilegium v. J. 1462 angegeben, daβ sie nämlich bis dahin roth und weiβ waren

In dem eben erwähnten Jahre hat nämlich Kaiser Friedrich IV. mit der im mähr. Landesarchive im Orig. befindlichen Urkunde dto Newnburga forensi die VII. mensis Decembris den mährischen Ständen unter ihrem damaligen Landeshauptmanen Heinrich von Lippa (zugleich k. Landmarschall von Böhmen) über ihr ausdrückliches Bitten dafür, daβ sie mit dem böhmischen Könige Georg von Poděbrad zugleich Markgrafen von Mähren ihm gegen die rebellischen Wiener und einige des österreichischen Adels mit bewaffneter Kriegsmacht zu Hilfe kamen, gestattet, das bis dahin übliche Landeswappen (es war dies ein gekrönter nach Rechts sehender, weiβ und roth geschachter Adler im blauen Felde) in der Art zu verändern, daβ sie für die Zukunft statt dieses weiβ und roth geschachten Adlers einen gold und roth geschachten im blauen Felde führen, dürfen und sollen indem er sagte: "Ideo prefati obsequii nobis grati intuitu nobilis Henrici de Lippa, Marsskalci Regni Bohemie pro tempore Capitanei, Baronum et Nobilium Marchionatus Morauie prefati supplicacionibus, que nobis obtulerunt, hac gracia speciali concedenda, videlicet ut Aquile scacate color Albus in glaucum siue Aureum transmuttetur graciosius annuimus .... sic ut is Marchionatus Morauie exnunc inantea imperpetuum scacatam Aquilam, rubeo siue Aureo colore mixtim superductam scacherij ad instar debeat deferre et habere....

Seit dieser Zeit ist Mähren in dem rechtmäβigen Besitze dieser neuen Landesfarben, obgleich nicht geläugnet werden kann, daβ der offizielle Gebrauch des älteren Landeswappens, nämlich des weiβ und roth geschachten Adlers in den spätere Jahrhunderten, ja selbst bis auf die neueste Zeit sich erhalten hat.

So findet man dasselbe fast in allen gedruckten Landesordnungen des Markgrafthumes Mähren und zwar namentlich in jenen vom J. 1545, 1562, 1604 und 1628; in allen durch den k. Oberstlandschreiber in Druck gelegten Landtagsschlüβen bis zum J. 1836, ja man sah dasselbe bis in die allerneueste Zeit auf dem groβen und kleinen Sigille des mährischen Landesausschusses, obgleich dieser letztere im J. 1837 aus Anlaβ der mit Gubernial-Cirkular vom 26 September 1836. Z. 33779 kundgemachten heraldischen Beschreibung des kaiserlich österreichischen groβen, mittleren und kleinen Wappens und Titels Sr k.k. apost. Majestät Ferdinand I. gegen die irrthümliche Einbeziehung des älteren mährischen Landeswappens (nämlich des weiβ und roth geschachten Adlers) Einsprache erhob, und um die Berichtigung des Irrthumes im Sinne des oben erwähnten, vom Kaiser Ferdinand II am 26 Juni 1628. bestättigten Privilegiums bath.

Hiebei geschach auch die Berufung auf das A. h. Reskript vom 23. Dezember 1807, mit welchem Sr. k. k. Majestät Franz I. den treugehorsamsten Ständen des Markgrafthums Mähren für die in dem gefahrvollen Zeitpunkte der letzten (1805) feindlichen Invasion auf die rühmlichste Art bewiesene Treue und Anhänglichkeit an Fürst und Vaterland einen besonderen Beweis der Ah. Gnade zu geben geruhet haben, daβ nämlich die zur ständischen Versammlung geeigneten Mitglieder eine eigene nach den Farben des Landeswappens eingerichtete Uniform tragen dürfen. Nach den eigenen Worten dieses Ah. Reskriptes soll diese Uniform -- roth, der Kragen und die Aufschläge kornblau -- und nicht nur der Kragen und die Aufschläge, sondern auch die Uniform selbst mit einer Goldstickerei und und mit goldenen Epaulets versehen, und auf den Epaulets der mähr. Adler nach seinen Farben d. i. roth und gold erhaben gestickt sein.

Dieser so ausgestatteten Uniform bedienten sich die mährischen Herren Stände bis zum Jahre 1848. Auf die oberwähnte Reklamation des mährischen Landesausschusses kam zwar von dem hohen k.k. Hofkanzlei-Präsidium mit Zuschrift vom 7. April 1838 das offene Geständniβ, daβ in dem 1836 angenommenen und publicirten A.h. Staatswappen aus Versehen die Abbildung des mährischen Landeswappens nicht mit dem Privilegium v. J. 1462. übereinstimmend eingeschaltet wurde.

Diese Zuschrift enthielt zugleich die weitere Bemerkung, daβ die mährischen Herren Stände, da eine Abänderung des neu angefertigten in sämmtlichen österreichischen Erblanden kundgemachten und dem im Auslande befindlichen k.k. österr. Gesandschaften zugemittelten Staatswappens füglich nicht zu erzielen ist, sich blos darauf beschränken sollten, ihrer Seits das Wappen so anzuwenden und darzustellen, wie es ihnen nach dem obenbezogenen Privilegium gebühret, da nach der weiteren den mährischen Herren Ständen durch den Landeshauptmann Alois Grafen von Ugarte gemachten Eröffnung des hohen Hofkanzlei-Präsidiums vom 26. Oktober 1838. Z. 1529. das Recht zur Führung des nachgewiesenen und im Gebrauche stehenden Landeswappens durch die irrige Aufnahme des älteren mährischen Landeswappens in das von der k.k. geheimen Hof- und Staatskanzlei entworfenen Staatswappen nicht im Zweifel gestellt wurde, und daβ sich die hohe k.k. Hofkanzlei damit beschäftige, die einzelnen Länderwappen zu konstatiren, um für die künftige Konstruirung eines neuen Staatswappens die entsprechenden Materialien gesam(m)elt zu haben.

Dieser letzteren Bemerkung zu Folge hat auch der dermalige hohe mährische Landesausschuβ in der Voraussetzung, daβ aus Anlaβ der glorreichen Thronbesteigung  Sr. kk. apostolischen Majestät Franz Josef I. die Konstruirung eines neuen Staatswappens vorgenom(m)en werden dürfte, gleich im Anfange des Jahres 1849 die zugesicherte Berichtigung des mähr. Landeswappens bei dem hohen k.k. Ministerium des Innern zur Sprache gebracht, hochwelches die dieβfällige Eingabe an das hohe k.k. Ministerium des Äuβern zur geeigneten Beachtung geleitet hatte.