Neue Freie Presse - setkání Františka Josefa I. a cara Alexandra III. v Kroměříži

Neue Freie Presse, 24. 8. 2015

Vor der Kaiser-Zusammenkunft.
(Vom Special-Correspondenten der "Neuen Freien Presse".)
Kremsier, 23. August.
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Die gute alte Zeit! Theilweise ist sie doch verdrängt aus Kremsier. In ihr hat nämlich deutsche Sitte gegolten, und die deutsche Sprache war vorheerschend. Alte Freunde alter Erinnerungen wissen zu erzählen, wie selbst 1848 - als der constituirende Reichstag zu Kremsier tagte, um Oesterreich die Grundlage seiner Verfassung zu geben - hier eine nationalczechische Begeisterung nicht zu finden war. Entsetzt wanderten damals Palacky und Rieger und Brauner und Trojan von Haus zu Haus und predigten gegen die Schmach, daß die czechische Sprache in der gesegneten Hanna unbekannt sei. Sie predigten Deutsch, denn die Kremsierer konnten das Neuczechisch der altczechischen Volksvertreter nicht verstehen. Seither hat Kremsier wieder deutsches Gepräge erhalten, bis in die letzten Jahre, wo abermals die steigende slavische Fluth in Oesterreich auch hier eine Metamorphose hervorrief. Die Stadt ist zwar nicht von jener altczechischen fanatischen Art, wie solche böhmische Orte zeigen, allein der große Bau des neuen czechischen Gymnasiums, das wie eine Burg des Slaventhums am Eingange der Stadt aufsteigt, mahnt uns an die Segnungen, welche die Versöhnungs-Aera in die gemischtsprachigen Bezirke getragen.

Man kann hier nicht allzu lang solchen Gedanken nachhangen. Der Lärm des Tages verscheucht sie; schon früh schmettert Militärmusik. Die Ehrenwagen für den russischen Kaiser halten den Einzug, dann klingt die Trompete; von Norden kommen Dragoner, welche die Sicherheitsmaßregeln in der Entrevue unterstützen sollen. Dann rollen Wagen. Man probirt den Einzug der Kaiserpaare. Die Vorreiter der drei Wagen, die hiezu bestimmt sind, fahren vierspännig in der bestimmten Ordnung vom Schlosse in bestimmten Tempo zum Bahnhofe und wieder zurück. Eine Probe nicht im Costüme. Kutscher und Vorreiter tragen ihr einfaches Hauskleid. Immer wieder erneuern sie unverdrossen die Probe. Kein Pferd scheut, keines strauchelt, es vollzieht sich Alles in mustergiltiger Ordnung. Ein zufriedenes Lächeln gleitet über das Anlitz des höheren Beamten, der vom ersten Kutschbocke aus die Probe leitet. Sie ist keineswegs beendet. Vom Bahnhofe geht es als zweite Probe zum Fürstenwelde, wo die große Jagd zu Ehren des Czars stattfinden wird. Für die Bauern, die heute auch zu Markte gekommen sind, ist dies ein wundersames Schauspiel. Sie blicken verdutzt auf dasselbe; aber allzu langes Stehenbleiben ist heute auf den Straßen nicht gestattet. Man sieht nun schon viel mehr Gendarmen als gestern; sie durchschreiten paarweise die Straßen, und ihr gleichmäßiger Ruf: Nezustante stat!" (Bleibt nicht stehen!) tönt fast jeden Augenblick. Nur vor dem Schlosse ist es den Neugierigen gestattet, eine kurze Zeit sich anzusammeln. Wie eine Musterkarte der bunten Trachten der mährischen Ebene staut sich hier ein wenig die Menge. Die Schloßwache, die heute ihre alten, noch mit Feuersteinen versehenen Gewehre putzt, freut sich eines echten Sonntags-Stil-Lebens und vergißt ein wenig ihres Amtes zu walten. Ohnehin wacht ihr Auge heute zum letztenmale. Morgen bezieht Infanterie ihren Platz.

Die alten bischöflichen Grenadiere ausgenommen hat heute Niemand Sonntagsruhe in Kremsier, selbst die geistlichen Herren stehen vor den Kirchen und geben Aufträge und Befehle, wie Flaggen aufzuhissen und Reisig-Guirlanden aufzuziehen seien. Als beliebtes Decorations-Object werden jetzt Farbendruckbilder des russischen Kaiserpaares ausgesteckt, ja, ein Hausbesitzer hat sogar eine russische Aufschrift auf sein Haus gebracht. Sie enthält nichts als die Namen des russischen Kaiserpaares. Die Polizei, die hier ziemlich unsichtbar, aber doch eindringlich ihres Amtes waltet, ist auch auf die Decorirungen nicht ohne Einfluß. Sie hat die slavischen und deutschen Nationalfarben verboten, und bisher ist nirgends diesem Verbote entgegengehandelt worden.
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Kremsier, 24. August. Eine heute Morgens placatirte Kundmachung des Bürgermeisters regelt den Sicherheitsdienst für den heutigen Tag. Die Stadt wird in Districte eingetheilt, und in jedem derselben hat eine Vertrauensperson, die nicht nothwendigerweise Polizeibeamter ist, die Aufsicht. Eine Cocarde macht diese mit polizeilicher Gewalt ausgestatteten Ordner erkenntlich. Außerdem sorgen die Feuerwehr und die Staatspolizei für Aufrechthaltung der Ordnung. Der Bürgermeister kündigt die Publicirung weiterer Ordnungsmaßregeln für die nächsten Tage an.

Neue Freie Presse, 27. 8. 2015

Kremsier, 26. August. Der Fürstenwald
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In seiner Begleitung befand sich der russische Hofmaler Zichy, der alsbald die Scenerie zu skizziren begann.