Mährisches Tagblatt, 21. 8. 1885
(Zur Kaiser-Entrevue in Kremsier.)
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Im Festzuge des Banderiums, welches durch weiß-rothe Fahnen nach Ortschaften abgetheilt sein wird, wird eine hannakische Bauernhochzeit auf 5 Wagen zu sehen sein. Die Insassen der Hochzeitswagen werden die alte hannakische Bauerntracht tragen, die Mädchen die turbanartige Kopfbedeckung, welche durch ein buntes Tuch gebildet wird, breite Reisröcke und silbergeschmückte Corsets, die Bauernburschen grüne Jacken, rothe Lederhosen und hohe Stiefel.
Mährisches Tagblatt, 22. 8. 1885
Locales und Provinzielles.
Zur Kaiser-Entrevue in Kremsier.
(Original-Bericht des "Mähr. Tagblattes".)
Kremsier, 21. August
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Die Decoration der Häuser ist im vollen Zuge und sind so manche Häuser schon vollkommen geschmückt. Die zwei Obelisken, welche seitens der ländlichen Bevölkerung noch vor der riesigen Triumpfpforte errichtet wurden, bieten einen hübschen Anblick; die Bretterwand des Postamentes, wo bekanntlich hannakische Jungfrauen postirt sein werden, ist mit schwarzgelbem Tuch ausgeschlagen, während den übrigen Theil bedeckt; dazu werden die Obelisken noch mit einer großen Anzahl kleiner Fahnen geschmückt. Die Triumphpforte, die bei dem eisernen Thore errichtet wird, gewährt einen wahrhaft imposanten Anblick; hoch oben wird eine prachtvolle Figur stehen, in deren Händen österreichische und russische Wappen sich besitzen werden; der innere Theil ist mit sehr schönen Malereien versehen. Vom Bahnhofe bis zum Ende der Wassergasse werden auf beiden Seiten der Straßen Fahnenstangen mit den verschiedensten Flaggen aufgestellt werden. Die Treibhäuser der Kremsierer Gärten, sowie jene der Umgebung werden förmlich geplündert, um nur die Häuser mit den schönsten Kränzen und Blumen schmücken zu können. Unter den Häusern, die bis nun durch besonders geschmackvolle Decorationen hervorragen sind zu nennen: Das Haus der städtischen Sparcassa, (...)
Mährisches Tagblatt, 24. 8. 1885
Locales und Provinzielles.
Zur Kaiser-Entrevue in Kremsier.
(Original-Bericht des "Mähr. Tagblattes".)
Kremsier, 22. August
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Der heutige Tag galt der Vollendung der Decorationsarbeiten. Es ist keine leere Phrase, wenn wir schon heute sagen, Kremsier mit seinem glänzenden Schmucke und seinem sehr bewegten Leben gleiche einer Großstadt. Einheimische wie Fremde durchziehen in großen Schaaren die Gassen und Straßen, um die sehenswürdigen Decorationen zu betrachten. Die Bewohner Kremsier's sind getreu dem Apelle des Gemeinderathes gefolgt, und wenn der Monarch seinen feierlichen Einzug in unserer Stadt halten wird, wird sich ihm gewiß die Ueberzeugung aufdrängen, daß schon der festliche Schmuck der Häuser die unbegrenzte Liebe der Bewohner zu ihm widerspiegeln. Die ärmste Hütte ist mit Reisig und Fahnen geschmückt; wo Roth und Elend herrscht, flattern Flaggen mit den Farben unseres Kaiserhauses und scheinen zu sprechen, daß des Armen Herz keine kleinere Liebe zum Kaiser durchzieht, als das des Reichen. Die größte Pracht ist selbstredend auf dem großen Platze und in der mit ihm verbundenen Wassergasse entfaltet worden. Gleich das erste Haus der oberen Wassergasse gehört zu den schönst decorirten; immerfort umstehen das Seidl'sche Haus zahlreiche Passanten, welche sich an dem schönen Anblicke erfreuen; Reisigguirlanden, Draperien mit zahlreichen kleinen Fahnen behängte Wappen schmücken in kunstvoller und sinniger Weise geordnet das geräumige Haus; einen prachtvollen Anblick gewährt auch das Haus der deutschen Sparcassa, das Hotel Simon, das haus des Gemeinderathes Kampf, welches von dem Platzcommandanten Zambaur bewohnt wird, sowie das Haus des Vicebürgermeisters Brady, dessen rothdrapirter Balcon besonders angenehm in's Auge fält.
Mährisches Tagblatt, 25. 8. 1885
Locales und Provinzielles.
Zur Kaiser-Entrevue in Kremsier.
(Bericht unseres Special-Correspondenten.)
Kremsier, 24. August
Heute Vormittags wurde die letzte Hand an die Decorirung der Stadt gelegt. Die Obelisken nächst dem Bahnhofe wurden fertiggestellt, ebenso der große prächtige Triumphbogen. Dieser Triumphbogen bietet einen wahrhaft imposanten Anblick. Die Spitze desselben ziert eine Figur, welche ihre Hände segnend ausbreitet. Die beiden von den Landgemeinden aufgerichteten Obelisken, sind mit Bauerngeräthschaften geschmückt.
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Bei der Einfahrt in die Stadt brach das Publicum in stürmische Hoch- und Slavarufe aus, wobei das deutsche "Hoch" trotz des "Slava" nicht gänzlich zu unterdrücken war und sich ganz gut bemerkbar machte.
Sehr important machte sich die Gruppe des slavischen Landvolkes, welche sich auf dem Vorsprunge der von der Landgemeinden errichteten Obelisken postirt hatte. Es war dieß eine Allegorie des Bauernstandes, die ganz hübsch gedacht war. Man sah Schnitter, Mädchen mit Sicheln, Spinnrocken, Butterfaß, einen Säemann, eine Korbflechterin etc. Während der Fahrt durch die Stadt wurde dem kaiserlichen Hofe gehuldigt. Kaum in der Residenz angekommen empfing der Kaiser die Deputationen.
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Vor dem Schlosse hatten sich die Mitglieder des deutschen Vereins "Concordia" eingefunden, die Damen in weißen und schwarzen Kleidern, theils blaue, theils gelbe Schärpen tragend. Man sah unter denselben reizende Gestalten. Zweihundert weißgekleidete Mädchen waren vor der Schloßeinfahrt aufgestellt, sie streuten, als die Kaiserin erschien, Blumen. Die Kaiserin, die blühend aussah, dankte für die Huldigung mit gewinnendem Lächeln.
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